Lesetagebuch Schauergeschichten (3)

Teres, eine der Hauptfiguren in den Schauergeschichten, wird von ihren Toten heimgesucht. Ich vom Hexenschuss. Ostermontag beginnt mit Schmerzen und Regen.

Dass dieses Buch, immerhin 575 Seiten stark, keine Kapitel hat, das schreiben fast alle Rezensent:innen, aber warum ihnen das erwähnenswert erscheint, schreibt keiner von ihnen. Dabei wäre es merkwürdig, wenn die Schauergeschichten Kapitel hätten, fließt doch alles ineinander und über einander hinweg.

Piroschka taucht auf und der große, gut aussehende, aber grausame Sohn der Zwergin. Wobei mit der jungen schönen Piroschka die Wissenschaft gegen das kollektive Unbewusste anzutreten scheint. Großartig schreibt Nádas vom Zusammentreffen der beiden, von Ohnmacht und Hysterie, von Angst und dem Verlust der Beherrschung.

Die Schauergeschichten werden auf eine sehr sinnliche Art übersinnlich. Was ich damit meine: es geht zunehmend um kollektives Gedächtnis. Der Roman ist zeitlich in den 60er Jahren angesiedelt. Weil Paul Jandl es besser beschreibt, als ich das könnte ein Zitat aus der gestern verlinkten Rezension: „Es sind die sechziger Jahre der Ära János Kádárs in Ungarn. Der Kommunismus horcht über Wanzen in die Häuser der Menschen hinein. Ländereien wurden enteignet, aber in den gesellschaftlichen Ungleichzeitigkeiten scheint die Zeit stillzustehen. Der alte ungarische Adel rührt noch immer mit seinen Silberlöffeln im Tee und lässt sich feinste Sahne ins Budapester „Ritz“ bringen. Auf den Feldern und in den Weinbergen rund um die Hauptstadt arbeiten die Tagelöhner.“

Sowohl Piroschka als auch Imre, der Sohn der Zwergin, den niemand im Dorf bei seinem Namen nennt, nicht einmal die eigene Mutter, sind zerrissen, denken das eine und fühlen das andere, sagen dies um es gleich darauf zu widerrufen, kennen sich in ihren Gefühlen nicht aus.

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