Susan Cain – Bittersüß

Als ich anfange Susan Cains “Bittersüß” zu lesen, bin ich wirklich verblüfft über einige erstaunliche Fakten über die Melancholie, über Trauer und besonders über traurige Musik. Da ist z.B. die erstaunliche Tatsache, dass Kleinkinder und sogar Säuglinge von trauriger Musik mehr profitieren als von fröhlicher.
Cain behauptet, dass Sehnsucht und das Gefühl eigentlich in eine andere Welt zu gehören, tragende Elemente für ein tiefes Empfinden und der Ursprung für Kreativität sind.

Gegen Ende des Buches fällt mir durchaus unangenehm auf, dass die Menschen immerzu „leise“ sprechen, sobald sie etwas Bedeutsames zu sagen haben. Überhaupt, dass der Stil unverkennbar in Richtung amerikanischer Bestseller Ratgeberbücher geht. Aber nichts desto trotz hat das Buch etwas mit mir gemacht. Hat mir Anregungen geschenkt, hat mich manche Dinge klarer sehen und andere einordnen können lassen. Anregungen dazu geliefert, wie Trauer in Mitgefühl verwandelt werden kann z.B.
Susan Cain schreibt Dinge wie diese:
„Der eigentliche Daseinsgrund für unsere Emotionen – für all unsere Emotionen – ist es, uns mit anderen Menschen zu verbinden. Und der Kummer ist von allen Gefühlen das, welches die stärksten Bande schafft.“
oder ein paar Seiten weiter: „Es ist vielmehr die Verbundenheit der Seelen. Wenn wir Trauer erleben, teilen wir ein gemeinsames Leid. Dies ist eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen Menschen sich wahrhaftig verwundbar zeigen. Eine Zeit, in der unsere Kultur uns erlaubt, in puncto Gefühle ganz ehrlich zu sein.“
[…]
„Erstens müssen wir uns eingestehen, dass wir einen Verlust erlitten haben. Zweitens müssen wir uns den Gefühlen öffnen, die damit verbunden sind. Statt den Schmerz kontrollieren zu wollen oder sich mit Essen, Alkohol oder Arbeit abzulenken, sollten wir unser Leid spüren, unsere Sorge, unseren Schock und unsere Wut. Drittens müssen wir all unsere Emotionen, Gedanken und Erinnerungen annehmen, auch die unerwarteten und scheinbar unangemessenen wie Befreiung, Lachen und Erleichterung. Viertens sollten wir darauf vorbereitet sein, dass uns all das gelegentlich zu viel wird. Und fünftens sollten wir darauf achten, ob sich weniger hilfreiche Gedanken einnisten wie: Ich sollte doch längst darüber hinweg sein. Oder: all das ist meine Schuld. Und: Das Leben ist ungerecht.“

Die Sprache der Wandlung „[…] erzählt von einem verlorenen Selbst, das in anderer Gestalt wiederkehrt.“

Häufig scheinen die mit vielen Daten belegten Beispiele ein Beleg dafür zu sein, dass es irgendwie doch stimmt, wenn die Leute sagen: nichts geschieht ohne Grund (was Levy so furchtbar gefunden hat in ihrer Situation, und dort war es auch einfach unpassend, ganz abgesehen von seinem Wahrheitsgehalt).
Es geht überhaupt immer wieder, in den unterschiedlichsten Formen, mit verschiedenen Hintergründen und Beispielgeschichten um die Verwandlung der Trauer in Schönheit. Cain durchforstet dafür therapeutische und religiöse Schulen, und probiert Retreats und Workshops aus. Von der Metta Meditation bis zum Workshop in dem Führungskräfte sich zu ihren Gefühlen bekennen sollen.

Schließlich läuft es immer wieder auf dasselbe hinaus: „Du musst die Vergänglichkeit nicht akzeptieren […], es genügt, wenn du dir ihrer bewusst bist, wenn du ihren Stachel fühlst.“
Und dann gibt es da noch den inneren Wandlungsprozess: zu lernen, den Menschen zu lieben, der man ist ist (bedingungs- und grenzenlos, darunter macht sie es nicht) und nicht das, was man getan hat.

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