(13)

Es gibt jetzt beides; die sehr niedergeschlagenen Momente, in denen nichts da ist, außer der Angst vor dem Tod, dem Bewusstsein, dass das hier die letzten Tage sind, dass ein letzter Lebensabschnitt angebrochen ist, und es gibt die anderen Momente, schöne und gute Momente, Momente voller Dankbarkeit für das, was ist und sogar manchmal Momente, die sich wie Möglichkeiten zum Aufbruch anfühlen.

Ich fange an hier oben, in meinem Zimmer, zu schreiben. Den einen Schreibort, mit Blick auf die Straße und die Menschen, den offenen Ort, den ständig jemand betreten konnte, um sich Kaffee zu holen, um etwas zu essen, zu verlassen für einen anderen Ort, mit Blick auf den Garten, auf das saftige Grün der Bäume und des Rasens, hier kommt außer den Vögeln niemand vorbei, ich höre die Tauben, die Amseln, die Spatzen, ganz weit entfernt das Rauschen des Verkehrs, und sonst nichts. Es riecht anders hier, es fühlt sich anders an. Und vielleicht werde ich auch anders schreiben können.

Manchmal haben die Menschen jetzt Tränen in den Augen, wenn sie mir zugehört haben, wenn sie Texte oder Gedichte von mir gehört haben, oder sie schreiben mir, sie hätten geweint oder weinen wirklich, nachdem sie gehört haben, gelesen haben, was ich schreibe. Ich verstehe das nicht, denn nichts von dem, was ich schreibe kommt mir tragisch vor, oder auch nur tief. Ich sehe diese Tränen und sollte berührt sein, bin aber eher verwundert. Vielleicht ratlos. Ihr feinfühligen Menschen, denke ich, wie konnte ich mit meiner Härte, mit meiner zunehmenden Unfähigkeit etwas zu empfinden, euch nur zum Weinen bringen.

Es ist seltsam diesen alten Schreibort zu verlassen. Ich sitze dort und trinke Kaffee, sehe aus dem Fenster, lese ein paar Seiten in Espedals neuem Buch „Lust“ und wenn mir dann ein Gedanke kommt, den ich festhalten möchte, laufe ich nach oben, die Treppe hinauf in das andere Zimmer, das neue Schreibzimmer, und schreibe. Ich könnte den Laptop mitnehmen, von hier nach da tragen, aber das will ich nicht. Es muss genau so sein. Hier lesen und aus dem Fenster sehen, dort aufschreiben, was mir in den Sinn kommt. Dazwischen der Weg von oben nach unten, von unten nach oben.

Espedal schreibt davon, wie die Schriftsteller, die Dichter, sich selbst zu Figuren machen, sie verkörpern etwas, was sie darstellen wollen, etwas, das wiedererkennbar ist und ausreichend originell. Ich bin nicht einmal für mich selbst wiedererkennbar. Aber vielleicht ist das auch eine Form der Selbstdarstellung. Vermutlich spielen wir alle Theater.

Um nach draußen zu sehen, muss ich den Kopf nach links wenden, sonst sehe ich nur das überwältigende Grün aus den Augenwinkeln. Ich höre die Vögel, einen Hund, ein Hubschrauber kreuzt den Himmel. Vor mir auf dem Tisch steht die Vorzucht der Stockrosen, fünf Keimlinge sind nach gut drei Wochen durch die Erde gestoßen. Anders als die Gurken und der Pflücksalat sind die Stockrosen sehr zurückhaltend in ihrem Wachstum. Das Nahrhafte wächst, aber die Schönheit tut sich schwer, ist empfindlich, braucht viel Geduld und gute Pflege.

Ich bin eine Entwicklung und ein dunkler Schacht, in dem alles verschwindet. Ich bin pathetisch und ängstlich, und weiß nicht, wohin das führt.

6 Gedanken zu „(13)

  1. Vielleicht ist es ja ganz gut, dass du nicht verstehst, warum du wie andere Menschen berührst. Damit bleibt es nicht reproduzierbar und „geheim“, so kannst du weiter aus dir herausschreiben, ohne über eine mögliche Wirkung nachdenken zu müssen.

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