Lesung von Behzad Karim Khani – Als wir Schwäne waren

“Hund, Wolf, Schakal” von Behzad Karim Khani hatte ich gelesen, nachdem ich seinen Text zur Backstage eines Buches gelesen hatte. Warum? Weil da jemand so wütend war und weil Wut ein Gefühl ist, das ich noch immer eher schlecht und nur rudimentär verstehe.

Als Karim Khani später im Gespräch erzählt, dass er ein sehr gutes Verhältnis zu seinen Eltern hat, wundert mich das kein bisschen, dann der Vater ist auch im Buch sehr liebevoll gezeichnet (die Mutter ist in diesem Buch im Iran hingerichtet worden) Er wird als ein Mensch beschrieben, der versucht anzukommen, ohne seine moralischen Überzeugungen zu verlieren. In Deutschland fährt er Taxi und in einer Szene wird er von einem Crackjunkie bestohlen, aber er gibt allen und allem die Schuld, der Gesellschaft, dem Kapitalismus, nur nicht diesem Menschen, der ihn überfallen hat. Eine weitere Szene, die mich sehr gerührt hat: die Familie feiert Noruz und der Vater schenkt dem Kanarienvogel einen Spiegel.

Neben all der im Buch geschilderten Gewalt, gibt es sehr zarte Stellen. Die Beschreibung der Zeit, die Saam in Isolationshaft verbringt ist eindringlich. Die Entwicklung von ihm, den wir als unschuldiges Kind kennenlernen, zu einem jungen Mann, dem alles außer Kontrolle gerät, ist ebenso schlüssig wie traurig. Es ist als wäre dieser Mensch von Anfang an in einer Zelle, lange bevor er ins Gefängnis kommt, und auch danach verlässt er diese Zelle nicht. Ein ähnliches Bild taucht in „Als wir Schwäne waren“ auf, wenn Karim Khani vom Viertel in dem sein Protagonist aufwächst, schreibt: „Das Viertel ist ein Aquarium, wir verstehen nur die Wände nicht.“ Aus dem Kopf zitiert, denn das Buch ist ausgeliehen, ich habe es jetzt vorbestellt und warte. Karim Khani sagt im Gespräch dieses Buch sei dem ersten sehr ähnlich, es sei als hätte er in „Hund, Wolf, Schakal“ Avatare vorgeschickt, und nun, nachdem er gesehen hat, dass ihnen nichts Schlimmes passiert sei, habe er gewagt, etwas mehr von sich selbst in die Figuren zu legen.

Das Vorlesen selbst ist nicht besonders gut, der Autor verhaspelt sich häufig, es klingt, als lese er gar nicht sein Buch, sondern Stellen, die man ihm gerade erst vorgelegt hat. Vielleicht liegt es daran, dass er die Stellen für diese Lesung nicht selbst ausgesucht hat, sondern gelesen hat, was ihm die Moderatorin der Lesung Marta Neüff vorgeschlagen hat. Aber was er liest, ist gut und sein Pullover gelb wie der Wein, den er trinkt. Als schon fast 1 ½ Stunden der Lesung, die immer wieder von Gesprächen unterbrochen wird, vorbei sind, sagt er: „Ich hab noch voll Bock“, und das bezeichnet auch die Stimmung der gesamten Lesung, es ist lebendig, zugewandt. Der Autor hat wirklich Lust über sein Buch zu sprechen, über die Fragen nachzudenken, und all das überträgt sich auf das Publikum, so dass sich nachher auch noch eine ungewöhnlich lebendige Gesprächsrunde ergibt. Nach 2 Stunden gehe ich beschenkt nach Hause und freue mich umso mehr auf die Nachricht der Bibliothek, wenn das Buch auch für mich bereitstehen wird.

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