Dass es heute Nacht gewittert hat, gestürmt und geblitzt und gedonnert, passt gut zu einem Bedenken des Monats Mai. Ich weiß gar nicht, ob ich das wirklich will, ob ich das schaffe, mich damit auseinander zu setzen, was in diesem Monat geschehen ist. Vor allem weiß ich nicht, ob ich es teilen will.
P. der das Gespräch mit mir sucht, in der Hoffnung, ich könnte helfen. Ich wie ich versage. Nicht im Gespräch, aber weil ich nicht realisiere, wie weitgehend das ist, was er mir erzählt.
Gleichzeitig die Einladung zu einem sehr schönen Projekt. Die Gedichte von Agnes Nemes-Nagy.
Tags darauf eines der schlimmsten Erlebnisse meines Lebens. Das Leben trampelt und trommelt und über manchen geht es einfach hinweg. Der kommt dann nicht mit, liegt unter den Trümmern, schreit um Hilfe und hält sich dabei den Mund zu.
Manchmal wundere ich mich darüber, wie ich dann trotzdem Lesungstermine einhalte und während der Zeit der Lesung alles komplett vergesse. Wie ich in einem ganz anderen Leben zu sein scheine.
P., der mich fast zerreißt mit seiner Tapferkeit. Immer wieder das Wunder, dass es so viel Freude geben kann neben dem großen Schmerz, dass so viel Liebe da ist und so viel Hilflosigkeit. Dass P. mir häufig vorkommt wie ein rohes Stück Fleisch, so verletzlich, so ungeschützt.
S. hat innerhalb weniger Wochen erst seine Mutter und dann seine Schwägerin verloren.
Breygers Gedichtband „Frieden ohne Krieg“, das mich umhaut, sprachlos macht.
Kaum Schlaf, dafür überall Schmerzen und das Zittern lässt sich mit keinem der Medikamente bändigen.
Ich schreibe Gedichte, um zu wissen, wovon sie handeln, hat Oleg Jurjew einmal geschrieben. Und erst jetzt viele Jahre nachdem ich diesen Satz gelesen habe, und glaubte ihn zu verstehen, fange ich langsam an zu begreifen, was er bedeutet, wenn ich manche meiner Gedichte lese.
Judith Hermann schreibt, dass es in den Geschichten immer um etwas geht, das da ist, wofür es aber keine Worte gibt, nur Stimmungen, Gefühle, Bilder, Annäherungen. Dass das eigentliche immer ausgespart bleiben muss. Nicht aus Kalkül, sondern weil es schlicht nicht erzählbar ist, weil dieses Unaussprechliche das ausmacht, was uns verbindet beim Lesen, weil wir lesend diese Annäherung mitvollziehen können. Wir treten ein in die Geschichte, wir wissen so viel und so wenig wie die Erzählerin und jede:r Leser:in weiß vielleicht ein anderes Detail, aber in dieser Unbestimmtheit sind wir vereint.