(26)

Der Mangel, der aufrecht erhalten wird. Die Entscheidungen die getroffen werden müssen. Die gleichzeitig unmöglich und eine Möglichkeit der Freiheit sind. Was sind Entscheidungen? Darüber würde es sich lohnen nachzudenken. Was hat das mit meiner Mutter zu tun? Viel, denn eine meiner Mütter hat sich entschieden, mich weg zu geben, die andere, mich aufzunehmen. Und das ist der Punkt, an dem ich mich entscheiden darf, ob ich diesem Gedanken weiter nachgehe, oder ob ich zu etwas anderem übergehe, weil die Antwort nicht auf der Hand liegt, weil es nicht einfach wird, darüber zu schreiben und nachzudenken, sondern ein Versuch, der immer wieder fehlschlagen wird.

Wenn ich Schwierigkeiten habe, mich einem Gedanken, einer Frage zu widmen, wenn da scheinbar unüberwindbare Hindernisse im Weg stehen, lese ich häufig Gedichte auf lyrikline, die ich zu dem betreffenden Stichwort finde. „all relation is challenge“ finde ich in einem Gedicht von Daniela Seel.

Wie war es für meine Mütter ihre Entscheidungen zu treffen? Schwer für die eine, hoffnungsvoll für die andere? Oder ist es ganz anders gewesen? Darf ich mir Antworten ausdenken, die letztendlich eine ganz andere Geschichte erzählen? Eine Geschichte, die nichts mit der Wahrheit zu tun hat? Und trotzdem irgendwie Wirklichkeit wird, weil ich sie erzählt habe?

Man kann entscheiden, ob man glücklich ist oder nicht. Und die Entscheidung für Glück ist die Entscheidung gegen Unglück. So einfach ist das, sagt Jule. Und ich sehe sie an als hätte sie endgültig den Verstand verloren. Aber vielleicht ist genau das der Trick, den Verstand außen vor zu lassen und Entscheidungen zu treffen, die vollkommen unlogisch sind. Manchmal sind wir wütend über unsere Entscheidungen und manchmal sind unsere Entscheidungen wütend auf uns.

Vielleicht ist es auch eine Entscheidung ob wir daran glauben, dass es Zeit gibt, sagt Jule. Sie meint es vollkommen ernst.

3 Gedanken zu „(26)

  1. @muetzenfalterin Die Möglichkeit, dass alles anders ist, als ich es bisher gedacht habe, halte ich mir tatsächlich immer ein wenig offen.
    Aber vermutlich ist das nicht das wirklich Entscheidende in Sachen Entscheidungsfindung, sondern eben doch, wie wir die Welt sehen und wahrnehmen respektive gesehen und wahrgenommen haben, denn das ist es doch, das uns formte. Egal, ob Zeit (oder alles) nur ein Konstrukt ist oder nicht.

  2. „Und die Entscheidung für Glück ist die Entscheidung gegen Unglück“. Ich weiß nichts über deine Mütter, aber sicher ist, dass, wie jede entschieden hat, sie nicht zwischen Glück und Unglück haben wählen können, sondern sie beides (Glück und Unglück) eingehandelt haben mit ihrem Entschluss. Nur hat die eine zu dem Zeitpunkt anderes für Glück und anderes für Unglück gehalten als die andere.
    So meine durchaus anfechtbare Lesart deines Textes.

  3. „Darf ich mir Antworten ausdenken, die letztendlich eine ganz andere Geschichte erzählen? Eine Geschichte, die nichts mit der Wahrheit zu tun hat? Und trotzdem irgendwie Wirklichkeit wird, weil ich sie erzählt habe?”

    Diese Fragen stelle ich mir sehr oft. Und ich habe auch allen Grund dazu. Bisher habe ich sie mir immer alle mit JA beantwortet (sonst könnte ich wohl kaum mehr irgendetwas schreiben).

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