Hast du geweint? fragt das Kind.
Nein, sage ich.
Das Kind drückt seinen Teddybären an den Körper und sieht mich mit einer Mischung aus Entsetzen und Verständnis an.
Ich möchte etwas sagen. Ich möchte es über meine fehlenden Tränen hinweg trösten. Aber mir fällt nichts ein. Wenn ich mit dem Kind rede, muss ich auf jedes Wort achten. Ich weiß dass es nichts, was ich jemals gesagt habe, wieder vergisst.
Das ist es ja, was Kindheit ausmacht. Das manche Worte nichts bedeuten und andere sich einschreiben in den kleinen Körper und mitwachsen, mit allen guten und bösen Konsequenzen. Das macht es unmöglich zu reden. Nicht zu reden ist aber vielleicht das Schlimmste.
Was sind Tränen für dich? frage ich das Kind.
Trauriges Wasser, sagt es, ohne eine Sekunde nachdenken zu müssen.
Das trifft es ganz genau. Das traurige Wasser aus der traurigen Quelle. Es kann unter- und überirdisch fließen, sichtbar und unsichtbar für andere.
… und manche Tränen werden einfach nicht geweint!